Mit Suzuki GT250/380 zum RD- und Zweitakttreffen am Harzring 2003 von M.Holtwiesche, im Herbst 2003
Im Sommer 2002 wurde ich auf eine Veranstaltung aufmerksam, die sich "RD und Zweitakttreffen" nennt; allerdings war es für eine Teilnahme zu spät, denn das Treffen fing gerade an. Das Treffen wurde (und wird) von
der "Yamaha-RD-IG" organisiert, einem Club von Liebhabern der Yamaha Zweitakter. Es fand am Harzring statt, einer kleinen Rennstrecke bei Reinstedt zwischen Quedlinburg und Aschersleben. Die Ankündigungen wie:
drei Tage Streckenbenutzung für Training, keine Lautstärkenbegrenzung, Rennen der Teilnehmer usw. liessen aufhorchen.
Anfang 2003 stand schon der Termin für das nächste Treffen fest, -das letzte Juli-Wochenende, wieder am Harzring und zu gleichen Modalitäten-, sodass ich mit dem Gedanken an eine Teilnahme spielte. Durch einen
Zufall kam ich dann noch im März günstig an eine GT250M. Die war recht vergammelt, aber komplett und augenscheinlich in einem zuwendungswürdigen Zustand, sodass ich auf die Idee kam, sie für
Renntrainings etc. herzurichten. Ein Unterfangen, das sich natürlich später aufwändiger als geplant darstellte.
Zum Glück schleppe ich seit 1982 eine damals stillgelegte GT250L von einem Wohnort zum andern.
Diese hatte ich jetzt als Teilelieferant eingeplant, was sich als nötiger erwies als gedacht.
Bevor ich nun loslegte, musste ich noch einen Mitstreiter finden, da ich nicht allein fahren wollte. Ich finde es beruhigend, zu wissen, das im Fall der Fälle jemand da ist, der die Brocken von der Piste kratzt
und die Fuhre wieder nach Hause bringt. Meinen Freund und Nachbarn Wolfgang, eigentlich Viertaktpilot und Rennstrecken-erfahren auf Aermacchi und MV, brauchte ich nicht lange zu überreden. Da er keinen Zweitakter hat, kamen wir überein, daß er sich mit einigen Teilen aus seiner Bastelkiste, der Zurverfügungstellung
seiner Drehmaschine und den halben Reifenkosten an dem Projekt beteiligt und die 250er auf der Strecke bewegt. Ich wollte hauptsächlich meine 380er fahren. Also wurde das Nenngeld zusammengekratzt und die Schrauberei ging los.
An der 250M war dann so ziemlich alles vermurkst, was man sich vorstellen kann: Die Feingewinde der Stossdämpferbefestigungen waren mit Ganzstahlsicherungsmuttern mit falscher Steigung versaut, eins
abgerissen. Die Federbeine selbst waren Konis, allerdings die Dämpfer völlig hinüber.
Der Luftfilter gab Anlass zur Erheiterung, denn er bestand aus den zerfledderten Resten des Original-Papierfilters, über den die ebenfalls zerfetzten Reste einer Damenstrumpfhose gezogen waren.
Der Handbremszylinder drückte mehr Flüssigkeit ins Freie als in die Bremsleitung, die dem vollen Druck allerdings auch nicht mehr standgehalten hätte. Die Vergaser waren voll mit Rückständen, und irgendein Schlaumeier hatte verschiedene kleine Bohrungen aufgebohrt.
Normalerweise liegt man als Mopped-Schrauber nicht unter seinem Gefährt, sodass ich erst nach längerer Zeit zufällig einen Blick unter das Getriebegehäuse warf. Wobei mir auffiel, dass die innere Ölablassschraube nicht vorhanden, ja anscheinend garnicht vorgesehen war. Eine Änderung gegenüber dem L-Modell???? Eine bessere Beleuchtung
brachte Licht in das ölige Dunkel: Offensichtlich war der Dom mit dem Gewinde für die Ölablassschraube nicht mehr vorhanden und das Getriebe in dem Bereich mit irgendeiner Reparaturmasse zugekleistert. Klasse!!
Aber der Motor lief. Nur- würde er halten?
Eine Besichtigung der Kolbenhemden durch Ein- und Auslasskanäle verlief nicht sehr ermutigend.
Schliesslich war da dann noch der linke Kurbelwellendichtring hinter der LiMa, der von aussen aussah, als hätten die Ratten daran genagt.
Inzwischen war es Ende Mai, denn ich hatte mich erst mit der Restaurierung von Rädern, Gabel, Stossdämpfern und Bremsen und der Herstellung einer Fussrastenanlage beschäftigt.
Der "M"-Motor wurde zerlegt, das Getriebegehäuse komplett mit allen Innereien incl. Kurbelwelle als
unsicherer Kandidat beiseite gelegt. Die Zylinder wurden leicht ausgeschliffen und konnten mit noch vorhandenen Kolben aus der Teilekiste kombiniert werden.
Der "L"-Motor hatte 105000 km runter, aber die Kurbellwelle war schonmal bei 80000 überholt worden. Allerdings hatte ich die Maschine damals mit einem defekten Kolbenring stillgelegt, nachdem ich es leid
war, dass selbiges mit den (55,5mm) Wiseco-Kolben des Öfteren passierte. Aber brauchbare Zylinder und Kolben waren ja nun vorhanden.
Aber natürlich, wie konnte es anders sein, nach 21 Jahren Standzeit waren die Kurbelwellendichtringe hart wie Holz. Also musste die Welle auf Reisen zur Überholung. Ausser den Dichtringen war dann zum Glück
auch nur noch das Mittellager fällig. Das Getriebe selbst machte einen guten Eindruck, sodass ich hier nur alle Wellendichtringe ersetzte.
Die Vergaser nahm ich ebenfalls von der L, da an diesen niemand herumgepfuscht hatte (ausser mir selbst). Sie bekamen grössere Hauptdüsen für die Verwendung mit "offenen" Luftfiltern. Wie ich feststellte, öffnen die Gasschieber den Ansaugkanal des Vergasers nicht vollständig, da sie vorher oben am Mischkammerdeckel anstossen, es
ragen noch ca. 2mm in den Ansaugkanal. Die Vergaser sind aber 100% original; und bei den Vergasern des M-Modells war es genauso. Vielleicht damals eine leichte Drosselungsmassnahme für die 27-PS Klasse. Ich habe die Schieber jedenfalls oben gekürzt, sodass sie jetzt vollständig öffnen. Die Übergänge der Überströmkanäle vom Kurbelhaus in die Zylinder wurden noch angeglichen und die Schalldämpfereinsätze durch Eigenkonstruktionen ersetzt, ansonsten blieb der Motor von "Tuningmassnahmen" verschont. Mitte Juni war der Motor zusammen und
eingebaut und lief.
Nun fehlten noch Reifen. Nach einigem Suchen entschieden wir uns, nicht nur die zugelassenen Grössen in Betracht zu
ziehen, da die Maschine in absehbarer Zeit nicht auf öffentlichen Strassen gefahren werden würde. (Von einer kleinen Ausnahme abgesehen, davon gleich) Wir entschieden uns schliesslich für Bridgestone BT45,
vorne 90/90-18, hinten 110/90-18.
Optisch das Beste an der GT250M-Neuerwerbung waren Tank und Seitenteile, die waren neu lackiert in Rotmetallic. Die Teile wollte ich nicht unbedingt bei einem eventuellen Ausrutscher verschrammen und entschied mich daher für den Tank von der L, der damals bei der Stilllegung gerade sein drittes Outfit erhalten hatte, grün und gelb. Das Grün war leicht nachzumischen und fand noch für den vorderen GFK-Kotflügel, die Vorderradspeichen, die Stossdämpferfedern und eine Befestigungsblende für den Öltank Verwendung.
Schliesslich waren alle Teile zusammengebaut und da stand sie nun, fertig für die Piste und noch keinen Meter gefahren.
So ganz ohne Test wollten wir aber nicht mit dem Gerät zum Harzring. Eines Abends dann, mangels jeglicher Beleuchtungseinrichtung zwangsläufig noch im Hellen, machte Wolfgang den ersten Ausritt auf asphaltierten
Wirtschaftswegen durch die Felder, die glücklicherweise kaum mehr als 100m von uns entfernt am Dorfrand beginnen. Abgesehen davon, das er mitten in der Pampa ohne Sprit stehen blieb, verlief der Test zufriedenstellend. Als Italo-Oltimer-Fahrer und mangels Einweisung meinerseits war ihm die Bedienung des High-Tech-Membran-Bezinhahns nicht sofort klar, sodass er unter den argwöhnischen bis missbilligenden Blicken einiger Bauern, -es war gerade Erntezeit und auf den Feldern einiger Betrieb-, erst die Benzinhahn-Aufschrift entziffern musste, um auf Reserve umzuschalten.
In den Tagen darauf fuhren meine „Freunde und Helfer“ ungewöhnlich oft bei uns ums Eck. Warum nur?
An der GT380 brauchte nichts gemacht zu werden; sie ist zugelassen und regelmässig in Betrieb. Irgendwelche Auflagen zum Zustand der Motorräder, die auf die Strecke sollen, schien es nicht zu geben. Auf Nachfrage beim Veranstalter war nur die Rede von Lampen abkleben. Auch hinsichtlich Motorrad-Bekleidung, Helmzulassung etc. gab es keinerlei Vorgaben. Also blieb uns nur noch, alle Sachen herzusuchen, eine Ersatzteilkiste zusammenzustellen und den Anhänger klarzumachen.
Am Do.24.7. ging es dann von Coppenbrügge aus los; die Fahrt über Bad Gandersheim, Osterode, Braunlage, Blankenburg und Quedlinburg verlief Problem- und Ereignislos. Unterwegs tankten wir so billig wie möglich alle zusammengesuchten Reservekanister für die Moppeds voll, da direkt am Harzring keine Tankmöglichkeit ist, sondern im nächsten Ort. Erwähnenswert, speziell für Motorradfahrer, sind noch die schönen Strecken im Harz. Gegen 18 Uhr kamen wir in Reinstedt an. Wie wir später erfuhren, ist der Harzring nur von der anderen Seite kommend ausgeschildert, sodass wir erst nach einiger Suche endgültig am Ziel eintrafen. Es waren erst wenige Teilnehmer eingetroffen. und wir mussten uns zum nicht näher gekennzeichneten Zelt des Veranstalters zur Anmeldung durchfragen. Dort hiess es:“...Stellt euch erstmal hin, wo Ihr wollt, morgen früh bekommt Ihr Infos über den Tagesablauf usw....“ Das schien hier ja alles sehr locker abzulaufen.
Donnerstag abend war im Fahrerlager noch wenig los. Zelt aufgebaut, Praktiker-Billig-Pavillon als Regenschutz für die Motorräder errichtet, Camping-Möbel aufgestellt, Abendessen gebrutzelt, Feierabend.
Mit dem Dunkelwerden bezog sich der Himmel und es fing an zu regnen. Und zu schütten. Und dann muss irgendjemand mehrere Millionen Badewannen über uns ausgekippt haben. Dazu pfiff eine Böe nach der anderen über den Zeltplatz und wir hingen an den Ecken des Pavillons, um ihn am Abheben zu hindern und die Motorräder vor ihm zu schützen. Eigentlich war das ja anders gedacht. Das Ganze endete so plötzlich, wie es gekommen war, und man legte sich schlafen. Sehr ruhig war die Nacht allerdings nicht, zum einen wegen nächtlich ankommender Treffenteilnehmer, zum anderen wegen Baumaschinen, die um halb drei in der Frühe in Betrieb genommen wurden.
Der Harzring liegt inmitten eines Kiesabbaugebietes, das noch voll in Betrieb ist. Daher gibt es wohl auch keine Auflagen hinsichtlich Motorenlärm. Aber als (Zelt-) Camper im Fahrerlager muss man sich damit abfinden, das an Werktagen in nächster Nähe hinter einem Zaun mit Radladern, Förderanlagen, Lkws usw. gearbeitet wird.
Die Rennstrecke ist etwas länger als einen Kilometer, die Fahrbahn ca. 10-15 m breit. Der ganze Kurs wirkt wie in einem Rechteck mit Kantenlängen von (geschätzt) ca. 200m zusammengefaltet und besteht fast nur aus Kurven. Es ist somit keine Hochgeschwindigkeitsstrecke und auch für Anfänger geeignet. Die Rundenzeiten von wirklich schnellen Motorrad-Fahrern liegen bei einer Minute mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von ca. 60 km/h. Direkt an der Strecke, an der Eingangskurve zur Start/Ziel-Geraden, über der Boxengasse, liegt das Gebäude von Harzring-Hotel, -Gaststätte und -Streckenverwaltung. Hier kann man auch die Ring-eigenen Karts mieten, für welche die Strecke angelegt ist.
Entgegen meinen heimischen Gewohnheiten war ich am Freitagmorgen ohne Wecker schon gegen sechs Uhr wach. Das hatte den Vorteil, dass ich mich an den „Sanitär-Containern“ nicht anstellen musste, da sonst alles noch in den Federn lag. Die Einrichtungen sind von der einfachen Sorte und auf das nötigste beschränkt. Es handelt sich wie gesagt um Container, je einen für Männlein und Weiblein. Bei den Herren gibt es in der einen Containerhälfte zwei nicht abgetrennte, aber mit Vorhang versehene Duschkabinen gegenüber einer Reihe von Waschbecken. In der anderen Hälfte zwei WC-Kabinen (mit Türen!) gegenüber einer Reihe von Urinalen; das Ganze recht eng, so das man gegebenenfalls mit einer Tür im Kreuz rechnen kann. Freundlicherweise stand ein Fussbodenabzieher herum, sodass man die eine oder andere Überschwemmung vor den Duschen in einen etwas überforderten Gulli schieben konnte. Wie der „Damen-Container“ von innen aussieht, muss Frau sich denken, da ich auf eine Besichtigung verzichtet habe. Diese Sanitäreinrichtungen stehen rund um die Uhr ohne Gerenne nach Schlüsseln, speziellen Münzen etc. zur Verfügung; Warm und Kaltwasser gibt es nach Belieben.
Spezielle Münzen sind jedoch für die Strom-Terminals erforderlich, die in regelmässigen Abständen an den Stellplätzen stehen und mehrere CE-Steckplätze für die Stromversorgung der Camper bieten. Man bekommt die Münzen im Hotel. (1 Münze = 1 Euro = 1 kwh)
Nach und nach erwachte rundum die Gemeinde. Gegen acht Uhr gab es die ersten Infos zum Tagesablauf per Flugblatt. Insgesamt war die Organisation in den ersten Stunden recht holperig, lief sich bis Freitagnachmittag dann aber ein. Unstimmigkeiten gab es mit dem Streckenbetreiber wegen des Frühstücksbuffets, das im Hotel für die Treffenteilnehmer von Freitag bis Sonntag gereicht werden sollte und das im Nenngeld (von 140 Euro) einbegriffen war. Schliesslich wurde am Freitag von der RD-IG ein Frühstück gerichtet, am Samstag und Sonntag verlief es wie geplant.
Ab neun Uhr war dann die Strecke zum Training freigegeben. Das ganze war so eingeteilt, das die Strecke zur vollen Stunde für die Karts freizuhalten war, um "20 nach" durften die "Anfänger und Normalfahrer" auf die Piste, um "20 vor" waren die "sportlichen Fahrer" an der Reihe, also je 20 Minuten für jede Gruppe im Wechsel. Zwischendurch gab es dann noch feste Termine für Frauen und Jugendliche und Kinder mit Minibikes.
Wir machten erstmal die 250er klar, damit Wolfgang mit mehr allgemeiner Streckenerfahrung schonmal loslegen konnte, ich wollte mir den Trainingsablauf erstmal anschauen. Das Motorrad machte auch keinerlei Sperenzchen, sprang sofort an, und er fuhr los. Es gab keinerlei Abnahme oder Kontrolle von Mensch und Material. Man fuhr auf die Piste, drehte seine Runden, solange man wollte, bzw. bis einem als Normalfahrer rechts und links die Sportlichen um die Ohren pfiffen und man vorsichtshalber die Strecke verlies oder bis abgewunken wurde, um den Ring für die Karts freizumachen.
Während Wolfgang die nächsten Runden drehte, machte ich die 380er startklar. Ich hatte sie im strassenverkehrstauglichen Zustand belassen, für den Fall, das man noch irgendeine Kleinigkeit einkaufen musste, was für uns mit dem Pkw zu umständlich gewesen wäre. Blinker, Rücklicht-Glas und -Lampe und Spiegel wurden abgebaut, vor den Scheinwerfer kam ein Startnummern-Schild.
Inzwischen kam Wolfgang mit breitem Grinsen vom ersten Turn zurück, es war also alles gut gegangen und hatte Spass gemacht. So nebenbei erklärte er, dass er mit der Vorderbremse einmal ins Leere gezogen hätte. Da die Bremsanlage praktisch im Neuzustand war, vermuteten wir zuwenig Bremsflüssigkeit, sodass bei größerer Schräglage das Schnüffelloch im Handbremszylinder Luft zieht. Wenn Kupplung, Zylinder, Züge, Fußrasten, und was weiß ich noch alles gebraucht worden wären, das hätte kein Problem bereitet. Aber natürlich war die Bremsflüssigkeit das einzige (außer Sprit), das wir während der drei Tage für die Maschinen überhaupt brauchten und das ich nicht eingepackt hatte. Nach einigem herumfragen in der Nachbarschaft fand sich dann aber jemand, der mit ein paar Kubikzentimetern des raren Saftes aushelfen konnte. Besser so als anders. Danach machte die Bremse jedenfalls keinen Ärger mehr.
Der Freitag verlief dann so, das wir mal abwechselnd, mal zusammen am Training teilnahmen und uns so richtig austoben konnten. Wir kamen mit beiden Maschinen auf der Strecke höchstens für 1-2 Sekunden mal in den dritten Gang (was man sich dann eigentlich auch sparen könnte), und man hat sehr, SEHR reichlich mit den Bremsen zu tun. Nach dem dritten oder vierten Training, ich kam mit der Strecke inzwischen gut zurecht, stellte ich fest, das bei der 380er gelbbraune Flecken auf der Bremstrommel auftauchten, die vorher nicht da waren: Reste des Original-Klarlacks hatten sich auf der extrem heißen Trommel verfärbt.
...die GT380 führt das Feld. Aber nicht mehr lange...
Obwohl wir alles gaben, was uns mensch- und maschinenmöglich war, gegen 10-20 Jahre Technologievorsprung ist nicht viel auszurichten. Die wassergekühlten RDs, die RGVs und RGs haben mit ihren 50 und mehr PS doppelt soviel Dampf und sicher auch bessere und leichtere Fahrwerke als unsere GTs.
Auch wenn wir den Einen oder Anderen in den Kurven innen, -manchmal auch aussen herum-, etwas ärgern konnten, auf den Geraden hatten wir kaum eine Chance. Natürlich gab es auch einfach bessere Fahrer. Aber immerhin bekam Wolfgang auf der 250er bei der Abfahrt durch die Boxengasse einmal Applaus vom Publikum.
Zwischen den Trainingszeiten sahen wir uns im inzwischen weiter gefüllten Fahrerlager um. Die Zweitakt-Yamahas mit Wasserkühlung, Auslasssteuerung etc. waren weit in der Überzahl. 70er-Jahre-luftgekühlte RDs habe ich nur 2 oder 3 gesehen. Ausser unseren beiden GTs war nur noch eine GT750 vertreten. Die hatte übrigens eine „3-in-nichts-Anlage“, zumindest, was den Sound anbetraf. Jedenfalls konnte ich im Fahrerlager immer genau hören, wenn der Büffel auf der Strecke war. Es gab einige Suzuki RG und RGV, auch eine 500er 3-Zylinder Honda war zu sehen, eine Pannonia, eine Kawasaki KH400 und dann die verschiedensten Eigenbauten, Minibikes, und ein paar Supermoto-Geräte. Das meiste davon war irgendwann auch auf der Strecke zu sehen. Einige super-rausgeputzte Maschinen wurden auch nur ausgeladen, standen während des ganzen Treffens herum und wurden dann wieder eingepackt.
Abends legten wir uns dann recht bald schlafen. Ich steckte mir gleich die Ohrstöpsel rein, was mich aber nicht daran hinderte, festzustellen, dass der Kiesabbau diesmal um 4:45 Uhr begann. Wolfgang hatte es da etwas besser, weil er immer im Auto übernachtete.
In der Nacht regnete es etwas, sodass wir es am Samstagmorgen ruhig angingen. Ab acht Uhr gab es jetzt das Frühstücks-Buffet im Harzring-Hotel; nicht sehr einfallsreich mit Brötchen, Butter, Wurst, Käse, Marmelade und Kaffee.
GT250 beim Training im Regen
Ab 9 Uhr war die noch nasse Strecke wieder freigegeben und ich drehte mit der 250er einige einsame Runden. Man kann den Reifen bei Nässe doch mehr zumuten, als ich dachte. Bald kam die Sonne wieder heraus und gegen elf Uhr war die Strecke bis auf ein paar Pfützen trocken. Der Streckenbetreiber spielte jetzt auch richtig mit und gab Informationen, Aufrufe zu Trainings usw. über die Rundsprechanlage im Fahrerlager bekannt; und auch einige weniger intelligente Kommentare zu Trainigsteilnehmerinnen.
Die Trainigs-Einteilung war die gleiche wie am Freitag, allerdings wurden ab Mittag die Rundenzeiten der Teilnehmer ermittelt. Dafür waren Transponder verteilt worden zur Befestigung am Motorrad, die aber auch in die Hosentasche oder Stiefel gesteckt werden konnten. Man quittierte nur den Empfang, Pfand musste nicht gezahlt werden und man behielt die Transponder bis Sonntag zu den Rennen. Nach dem gezeiteten Training bekam jeder Teilnehmer seine Rundenzeiten per Computerausdruck schwarz auf weis. Wir lagen bei 1:15, die schnellsten bei 1:05.
Zwischenzeitlich waren auch einige 4-Takter eingetroffen, ein paar 08/15-Reihenvierzylinder sowie einige Leute mit KTM-Supermoto-Dampfhämmern. Letztere hatten sich im Datum geirrt und wollten eigentlich nicht zum Yamaha-RD-Teffen. Jedenfalls fuhren die 4-Takter dann auch bei den Trainings mit.
Worüber sich besonders Wolfgang ärgerte, da er seine Aermacchi auch gerne mal wieder gefahren hätte, doch die Ausschreibung der RD-IG lies den Eindruck entstehen, das ausschliesslich 2-Takter zugelassen würden. Aber Zulassung gab es ja in gar keiner Form. Einige fuhren inzwischen mit voll aufgezäumten Strassenmotorrädern über die Piste; Spiegel, Blinker, Lampen, alles dran und nichtmal abgeklebt. Wenn ich in der Badehose ohne Helm gefahren wäre, hätte wahrscheinlich auch niemand was gesagt.
Im Laufe des Vormittags waren einige kleine Verkaufsstände aufgebaut worden mit Gebrauchtteilen. Überraschenderweise gab es bei einem Herrn Gerold Popfinger auch jede Menge GT-Teile: Kupplungen, Getriebeteile, Gabelbrücken, neue Kolben für GT250/380, Zündspulen, Lenker u.v.m.
Bei der Gelegenheit muss ich mal loswerden, das ich unmöglich finde, wie oft von („fliegenden“) Händlern mit Gebrauchtteilen umgegangen wird, z.B. das blanke Stahlteile wie Wellen, Getriebezahnräder etc. ohne Schutz gegen Rost oder Beschädigung ungefettet gelagert oder in Kisten zusammengeschmissen werden und oft dementsprechend aussehen. Wer was kaufen will oder muss, hat den Schrott doch schon zuhause!
Zwischen den Trainings gingen wir wieder die eine oder andere Runde durch´s Fahrerlager und zur Tribüne, hielten hier und da ein Schwätzchen, machten Fotos. Rückblickend muss ich sagen, das die GTs zwar nicht die schnellsten, aber die schönsten Maschinen auf dem Platz waren; zusammen mit der KH400 und mit einigem Abstand mit den luftgekühlten RDs. Aber das ist mein persönlicher Geschmack und darüber lässt sich ja streiten.
Bei unserem Zeltplatz wurden die GTs gelegentlich mit Belustigung, öfter mit Erstaunen bis Bewunderung zur Kenntnis genommen. Grösseres Interesse an Einzelheiten zu den Maschinen wurde uns gegenüber nur selten bekundet, obwohl sicher Informationsbedarf vorhanden war. So erfuhr ich abends unfreiwillig aus "gut unterrichteten", -vermutlich angetrunkenen und daher etwas lauteren-, Kreisen neben unserem Zeltplatz, die gerade die 380er mit der 3 in 3-Anlage besichtigten, das es die 3-Zylinder-GTs auch mit vier Auspuffrohren gegeben hätte, wovon eines ein reiner Show-Auspuff gewesen sei.
Später am Abend bei einsetzender Dunkelheit gab es dann noch als Highlight ein Training bei Flutlicht. Das entwickelte sich als Show-Rennen der besten Fahrer und lies ein wenig 24-Stunden-Atmosphäre aufkommen.
Unter anderen fuhr ein Nachwuchsfahrer eine bis ins Letzte getunte 80ccm-15PS-Simson, mit der laut Erklärung des Rennstreckenbetreibers ein 24-h-Rennen auf dem Harzring gewonnen worden war, mit der schnellsten Rundenzeit von 1:00. Nach dem Flutlichttraining legte er mit diesem "Quiek-Eisen" auch noch einen Burnout hin, bis das der Reifen sich selbst demontierte.
Die folgende Nacht verlief weitgehend friedlich: im Kiesabbau scheint es auch einen Sonntag zu geben, und in den frühesten Morgenstunden hatten zwei völlig dichte Viertaktfahrer das Bedürfnis, ihren Vierzylinder bullern zu lassen. In der völligen Dunkelheit des Fahrerlagers konnte ich zwar nichts sehen, den Geräuschen und Stimmen nach hatte aber daraufhin ein Zeltnachbar seinerseits das Bedürfnis, den beiden was an den Hals zu geben. Für den Rest der Nacht war Ruhe.
Am Sonntagmorgen wurden während des Frühstücks im Hotel die Listen mit den Startaufstellungen für die Rennen ausgegeben. Es gab wieder nur zwei Klassen für die Hauptrennen, nicht nach Hubraum, sondern nach gefahrenen Trainingszeiten. Zu meinem Erstaunen war ich als fünfter bei der schnelleren Gruppe eingeteilt, was ich für einen Fehler hielt und beschloss, bei der langsameren Gruppe mitzufahren. Allerdings kam ich nicht mehr dazu, meine Einschätzung im Rennen zu überprüfen, da ich die 380er bei der Auffahrt auf die Strecke zu den Aufwärmrunden in eine Pfütze schmiss und den Lenker verbog. Zwar war ein Ersatzlenker greifbar, aber der Umbau hätte unter Zeitdruck gestanden, und es erschien mir zu riskant, mit einem auf die Schnelle angefummelten Lenker zu fahren.
Wolfgang will innen vorbei...
Wolfgang fuhr mit der 250er bei der "langsameren" Gruppe mit und balgte sich im hinteren Feld mit einigen RDs. In einem der diesbezüglich erfolgreichen Fälle erklärte später der Kontrahent: "War ein schönes Rennen, obwohl am Vorstart mein Kupplungszug gerissen ist, war aber ausser am Start kein Problem. Die Suzi lief echt gut und war vor allem in den Kurven wendiger. Auf der Geraden konnte ich dann natürlich meine Mehrleistung ausspielen, sonst wäre die Suzi vor mir durchs Ziel gefahren."
Es gab noch für Frauen und Jugendliche ein Rennen, eins für Kinder und für Moppeds bis 80ccm. Am frühen Nachmittag fand dann beim Zelt des Veranstalters eine Siegerehrung (ohne Treppchen und Sekt) mit der Verteilung von Pokalen statt. Bei den Kindern, Jugendlichen und Frauen und 80ern bekam wegen der geringen Teilnehmerzahl fast jeder eine Trophäe. Danach war die Strecke wieder wie gehabt für das freie Fahren freigegeben.
Wir wollten eigentlich erst bis zum Schluss bleiben und am Montagmorgen abfahren. Da aber zu befürchten stand, das in der Nacht zum Montag wieder nicht an Schlaf zu denken sein würde, beschlossen wir, schon Sonntag Nachmittag zu fahren. Also machten wir nochmal ein Picknick, packten dann so langsam zusammen und fuhren am späten Nachmittag ab.
Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass dieses Wochenende bezüglich der Trainings, wofür wir ja hauptsächlich hingefahren sind, eine lohnende Sache war. Wo kann man sonst für 140 Euro drei Tage lang ohne Einschränkungen fahren und campen. Als reines Treffen, also für Teilnehmer ohne Streckenbenutzung, die es ja auch gab, teils als Selbstfahrer, teils als Begleitpersonen, hielt ich das ganze für weniger gelungen. Wie Wolfgang sich ausdrückte, war das ganze recht unpersönlich. Abgesehen von den RD-IG-Leuten, die sich schon kannten, war jeder für sich. Ein grosses Zelt o.ä. als Treffpunkt und mit gemeinsamen Aktionen für alle Treffenteilnehmer gab es nicht. Angebote in dieser Hinsicht waren eine geführte Harz-Ausfahrt für einige Interessierte, ausserdem Unterricht für Motorradanfänger, hauptsächlich Kinder und Jugendliche.
Jedenfalls habe ich eingeplant, auch nächstes Jahr teilzunehmen, falls das Ganze wieder stattfindet. Sicher nutze ich auch mal die Möglichkeit, als einzelner Privatfahrer auf dem Harzring zu fahren. Nach der Preisliste 2003 kostet die Tagesgebühr 26 Euro, am Wochenende 30 Euro.
im Herbst 2003, Markus Holtwiesche
Wer sich weiter informieren will: www.harz-ring.de www.rd350lc.de